Wo sich an der Mündung des Nidels in vorchristlichen Zeiten eine Kult- und Thingstätte der Wikinger befand, gründete 997 der in England getaufte König Olav Tryggvasson die Stadt Kaupang, die bald schon in Nidaros und im 15. Jahrhundert unter dänischer Herrschaft in Tronthjem umbenannt wurde. Die bis zur Reformation wachsende Bedeutung der Stadt – als königliche Residenz, ab 1299 sogar als Krönungsort – ist verknüpft mit einer Legende: Als König Olav Haraldsson am 29. Juli 1030 bei Stiklestad im Kampf um die politische und religiöse Einheit Norwegens fiel, wurde er von einigen Getreuen bei Nacht und Nebel am Flussufer begraben. Umgehend kamen Gerüchte auf, es trügen sich an dieser Stelle Wunder zu; als das Grab nach Jahresfrist geöffnet wurde, fand man den Körper des Königs unversehrt und wie lebendig, mit nachgewachsenen Nägeln und Haaren. Zum Heiligen und Märtyrer erklärt, wurde der rex perpetuus Norvegiae und Schutzpatron des Landes in einen standesgemäßen Schrein gebettet und in die damals einzige Kirche von Nidaros, St. Klemens, überführt. An seinem ersten Grabplatz aber entsprang eine heilkräftige Quelle, die zum Ziel zahlloser Wallfahrer wurde.
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Magnus der Gute, der Sohn des heiligen Olav, ließ über der Quelle eine hölzerne Kapelle errichten. Olav Kyrre (der Stille), ersetzte sie durch ein steinernes Münster, das 1093 nach englischer Tradition als Christuskirche geweiht wurde. Die Reliquien des Heiligen fanden ihren Platz auf dem Hauptaltar. Nach der Reformation durch die dänische Regierung entfernt, blieben sie seither verschwunden. Die Verehrung des heiligen Olav jedoch entwickelte sich weit über die Grenzen von Norwegen hinaus zum Kult. Der von Olav Kyrre gegen 1070 begonnene Bau umfasste ein einschiffiges Langhaus mit breiten Pilgerportalen im Süden und Norden sowie einen kleinen viereckigen Chor mit zwei seitlichen Kapellen. Bereits um 1100 wurde das Langhaus nach Westen hin entscheidend verlängert – und zugleich leicht eingeengt, damit der geplante Westturm nicht zu mächtig geriete. Die Dimensionen des neuen Langhauses weisen auf angelsächsische Einflüsse hin. Mit dem bis 1067 an der Eroberung Englands beteiligten Olav Kyrre waren zahlreiche Angelsachsen nach Norwegen gekommen. Norwegens politische Verflechtungen mit England sollten aber auch in der Folgezeit ihren künstlerischen Niederschlag in der Gestaltung des Nidarosdoms finden.
Allerdings ist von seiner ersten, schon monumentalen Gestalt nichts geblieben. Wachsende Pilgerscharen und die Erhebung von Nidaros zum Erzbistum um 1151 machten eine grundlegende Erweiterung und Umgestaltung der Kirche notwendig. Noch im anglonormannischen Stil wurde um 1130 das Querhaus begonnen und – als die Geldmittel üppiger flossen – ausgeschmückt. Zeigen sich am südlichen Querschiff noch schlichte romanische Bogenreihen, so weisen die Fensterdekorationen im nördlichen Querschiff schon ausdrucksvolle Zackenornamente auf. Auch Faltenkapitelle sind typisch für die frühen Bauphasen. Die oberen Partien des Querhauses und die Sakristei wurden von 1161 bis 1180 im so genannten Zisterzienserstil ausgeführt, einem Übergangsstil zur Gotik, zu dem der Erzbischof Eystein Erlandsson auf einer Romreise angeregt wurde. Die Rippengewölbe der Sakristei sind die ersten Norwegens.
Der Bau stagnierte, als Erlandsson für drei Jahre nach England fliehen musste, wo er die Kathedralenarchitektur von Canterbury kennen lernte. Inspiriert von der klaren, zum Himmel strebenden Formensprache der englischen Gotik, begann er nach seiner Rückkehr mit der Errichtung des Oktogons über dem Olavsbrunnen. Geplant war sicher auch eine gotische Umgestaltung des Chors. Als der Erzbischof 1188 starb, waren lediglich die unteren, überaus reich gestalteten Teile des Oktogons vollendet.
Streitigkeiten zwischen Kirche und Staat hatten wieder eine Unterbrechung des Baus zur Folge. Erst zwischen 1210 und 1235 wurden Oktogon, Chor und die Giebel der Querschiffe ausgeführt, unter der Mitarbeit von Lincolner Gewölbemeistern. Um 1230 begann man mit dem gotischen Umbau des Zentralturms und des bereits dreischiffigen Langhauses. 1248 wurden die Fundamente der neuen Westfassade gelegt, der screenfront, einer mächtigen Schauwand, die sich wie ein riesiger Figurenteppich zwischen den seitlichen Türmen ausspannen sollte.
Vermutlich war das Kircheninnere so gut wie vollendet, als 1328 der erste von mehreren vernichtenden Bränden ausbrach. Renovierungsarbeiten wurden erforderlich, die aus fehlendem Sachverstand oder Geldmangel jedoch nicht immer angemessen ausgeführt wurden. Während der Reformation musste der letzte Erzbischof das Land verlassen, die Kirche wurde ihrer Schätze beraubt. Erneut trafen Sturmschäden und Blitzschläge das ruinöse Nationalheiligtum der Norweger, die es schließlich um 1750 zeitgemäß barockisierten.
Das 19. Jahrhundert war geprägt von der Wiederentdeckung der Gotik. 1869 entschloss man sich daher zu einer umfassenden Restaurierung der mittelalterlichen Anlage, von der nur das Oktogon und das Querschiff dem fast totalen Verfall entgangen waren. Vom Langhaus hatten sich lediglich die äußeren Wände der Seitenschiffe und Reste von Arkaden am Turm und an der Westfront erhalten. Die Wiederherstellung, ein mühseliges Unternehmen, konnte anhand von aufgefundenen Profilsteinen in Angriff genommen werden.
Mit unerschöpflicher Geduld arbeiten Generationen von Architekten, Steinmetzen, Bildhauern und Glaskünstlern seit über hundert Jahren an der Wiedergeburt des Nidarosdoms. Sein Ruhm als Grablege und Krönungsstätte norwegischer Herrscher wird unbeschadet all die Einwürfe fanatischer Stilisten überdauern, die mit rekonstruierter Gotik nichts im Sinn haben. Der Dom ist heute Nationalmonument und Krönungskirche.